Heimatforscher Günter Potthoff hat aus seinem Archiv ein historisches Foto herausgesucht: Es zeigt Änne und Gustav Wölke vor der Bäckerei in Schloß Holte an der Schlossstraße. Änne Wölke hat den Einmarsch der Amerikaner und das Beschlagnahmen der Bäckerei detailliert aufgeschrieben.


Bäckerei WÖLKE seit 1933


Schloß Holte-Stukenbrock. Wenn es in den Innenstädten und Dorfzentren eine gute Mischung aus Geschäften, Lokalen, Handwerk und Dienstleistungsangeboten gibt, sind viele Menschen zufrieden. Kunden genauso wie die Geschäftsinhaber. Immer mehr Kaufleute aber beklagen, dass viele Kunden lieber Waren im Internet bestellen, statt zu ihnen in die Geschäfte zu kommen. Die Geschäftsleute im Dorf halten dagegen. Denn sie haben einiges zu bieten, das die vermeintliche Konkurrenz im Internet nicht vorweisen kann: Geschichte und Geschichten, ein Bewusstsein für Tradition, Familiensinn und ein Bekenntnis zum Heimatort. Die Neue Westfälische stellt in ihrer neuen Serie in den kommenden Monaten heimische Kaufleute vor und zeigt, wer so alles hinter dem Ladentisch steht, in der Backstube werkelt oder am Zapfhahn Gläser füllt. 

Brötchen, Brot, Kuchen. "Bei uns wird alles selbst hergestellt", sagt Daniel Wölke. "Wir sind die einzige produzierende Bäckerei in der Stadt." Ein Blick in die gut 80-jährige Geschichte des Café Wölke zeigt, dass schon die Vorfahren ein Händchen für Innovationen hatten. 

Im Jahr 1918, als das Haus "Liemke 275" gebaut wurde und der nahe gelegene Landerdamm noch ein dicker Sandweg war, richtete sich dort die Bäckerei Brömmelmeier ein, inklusive eines kleinen Lebensmittelladens. Dank eines Tipps der Milser Mühle, "von denen wir heute noch unser Mehl bekommen", wie Rita Wölke berichtet, übernahmen ihre Schwiegereltern Gustav und Änne das Geschäft im Jahr 1933.

Neben der Bäckerei richteten sie einen gemütlichen Kuchenladen ein und verkauften Obst im Flureingang bis in die 50er Jahre hinein. "Gelebt wurde von den unmittelbaren Nachbarn", erzählt Liesel Wölke. "Das war eine Zeit, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann." Die persönliche Beratung und Bindung, das sei aber ein Punkt, betont die 75-Jährige, der immer so geblieben sei. "90 Prozent unserer Kunden sind Stammkunden", bestätigt Rita Wölke.

Während Gustav Wölke noch Tante-Emma-Läden in der Umgebung mit Grau-, Weiß- und Maisbrot belieferte, finden Käufer heute ein erheblich ausgeweitetes Angebot in den beiden Läden an der Schlossstraße und in Stukenbrock. Vorbei sind die Zeiten des grauen Kittels und des DKW-Dreirades, und auch die Kriegszeiten, in den die Amerikaner das Gebäude für sich beanspruchten. "Wir kamen ins Chaos zurück", erzählt Liesel Wölke auch vom Entsetzen ihrer beiden Brüder Karl und Hans. 

Doch statt zu resignieren, wurde angepackt. "Das war selbstverständlich." Liesel Wölke weiß noch genau, wie sie mit vereinten Kräften "Weißkohl, der waggonwagenweise mit der Bahn kam, zu Sauerkraut eingemacht" haben. "Der ganze Hof lag voll." Gemüse gab es in der Scheune. Ende der 50er Jahre übernahm die heute 75-Jährige die Leitung von ihrer Mutter Änne, ihre Schwägerin Rita eröffnete mit ihrem Mann Hans in den 80er Jahren das Brunnen-Café in Stukenbrock. "Als evangelische Möckerländer hatten wir es zunächst schwer", erzählt Rita. Aber mit ihrer zupackenden, herzlichen und patenten Art war der Bann schnell gebrochen. 

Beide Geschäfte wurden erweitert und umgebaut. Als Liesel Wölke im Jahr 2001 die Pflege von Mutter Änne, die acht Jahre später im Alter von 98 Jahren starb, übernahm, leitete Rita Wölke beide Läden. Daniel Wölke legte schon früh seine Meisterprüfung ab, ließ sich außerdem zum Betriebswirt ausbilden, obwohl er doch eigentlich Tennisprofi oder Astronaut hatte werden wollen. Die familiären Bande aber waren stärker und die Liebe zum Beruf, die von Generation zu Generation weitergetragen worden ist. 

Wölke beschäftigt derzeit 33 fest angestellte Mitarbeiter und elf Aushilfen. In der Produktion arbeiten drei Meister. Langjährige Mitarbeiter, wie etwa Uwe Rönnebeck, wirken neben jungen. Und immer wieder einmal wird die Backstube für Besucher geöffnet. "Man wächst mit uns auf, man kennt uns", sagt Daniel Wölke, der die Geschäfte seit dem Jahr 2008 mit seiner Mutter führt. "Wir arbeiten jeden Tag daran, uns zu verbessern." Die Wölke-Läden sind an 361 Tagen im Jahr geöffnet. Während der Woche von 6 bis 18 Uhr, samstags von 6 bis 13 Uhr.